Kurseinheit F060 Motorjournalismus
Kurseinheit | |
Lernziel | Die Teilnehmenden sollen das Berufsbild des Motorjournalisten kennen lernen und einen Einblick in das das Berichterstattungsfeld „Automobile" und seine Besonderheiten erhalten. |
Studienbriefautor | Dipl.-Journ. Dipl.-Betriebsw. Gerd Zimmermann |
Belegungsempfehlung | Dieser Studienbrief wird Teilnehmenden empfohlen, die interessiert sind, als Motorjournalisten tätig zu werden. |
Inhalte | Die Motorbranche; die Motorpresse; der Motorjournalist; die Motorredaktion; der Motorjournalismus. |
Notengewichtung | einfach |
Leseprobe | Download |
Motorjournalismus
Eine gewisse Faszination muss der angehende Motorjournalist ebenso mitbringen wie technisches Verständnis und Hintergrundwissen über wirtschaftliche, politische und ökologische Zusammenhänge. Denn der Motorjournalist erfüllt für den Mediennutzer in erster Linie eine Ratgeberfunktion, die vor allem dann gefragt ist, wenn sich der Mediennutzer ein neues Fahrzeug anschaffen möchte und mehrere Modelle zur Auswahl hat. Nicht selten entscheidet er sich dann für das Modell, welches in den Tests von Motorjournalisten am besten abschneidet.
Der Motorjournalist und wirtschaftliche Interessen
Bis zu einem gewissen Grad muss der Motorjournalist auch einen Spagat zwischen neutraler Berichterstattung und den wirtschaftlichen Interessen seines Mediums machen. Wie groß dieser Spagat ausfällt, hängt stark davon ab, für welches Medium der Motorjournalist tätig ist. Der Grund dafür: Gemessen am Umsatz ist die Automobilbranche der wichtigste Wirtschaftszweig in Deutschland, von dem etwa jeder siebte Arbeitsplatz direkt oder indirekt abhängig ist.
Während bei Fachmedien die Berichterstattung über Neuerscheinungen aus der Welt der Autos und Motorräder ohnehin selbstverständlich ist, sind auch Publikumsmedien gezwungen, Motorjournalismus in die Berichterstattung aufzunehmen. Gerade regionale und lokale Medien sind wirtschaftlich davon abhängig, dass auch die örtlichen Autohäuser und Werkstätten bei ihnen inserieren. Wollen die Journalisten von Publikumsmedien eigene Tests von neuen Fahrzeugen durchführen, werden diese oft von den örtlichen Händlern zur Verfügung gestellt.
Die gesellschaftliche Akzeptanz
Interessierten sich in den ersten Jahren und Jahrzehnten des Motorjournalismus vor allem Technikbegeisterte für Themen aus dem Motorjournalismus, interessiert sich mittlerweile ein Großteil der Mediennutzer zumindest zeitweilig für die Thematik: Sie wollen sich vor der Anschaffung eins neuen Fahrzeugs nicht nur auf die Angaben der Hersteller verlassen, sondern sich bei einer möglichst neutralen Stelle informieren. Als wichtigste Quelle dienen ihnen hierzu die Fachmedien.
Publikumsmedien sind vor allem wegen ihres Serviceteils gefragt. Zum Beispiel schätzen die Mediennutzer die Tipps zur richtigen Einlagerung oder Informationen zum Spritsparen im Alltag.
Zunehmend wichtig wird wegen des höheren Interesses der Mediennutzer auch der ökologische Aspekt des Motorjournalismus. Derartige Themen können also durchaus auch in anderen Ressorts wie Umwelt umfangreich beleuchtet werden. Mögliche Anlässe zur Berichterstattung sind hier etwa, wenn besonders sparsame Motoren einer neuen Generation auf dem Markt kommen oder die Umweltbelastung durch den gesamten Produktionsprozess eines Fahrzeugs untersucht werden. Schließlich werden die einzelnen Bauteile für Autos und Motorräder mittlerweile weltweit an verschiedenen Standorten produziert.
Motorjournalismus im Wandel der Zeit
Die Geschichte des Motorjournalismus ist eng mit der Geschichte des Automobils und des Motorrades verwoben, weshalb die Anfänge des Motorjournalismus am Beginn des 20. Jahrhunderts liegen. Weil sich Autos und Motorräder nur ein kleiner Kreis wohlhabender Menschen leisten konnte, handelte es sich beim Motorjournalismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher um ein Exotenthema für Liebhaber. Allenfalls im Sportressort hielt auch der Motorjournalismus allmählich Einzug, als über die ersten Auto- und Motorradrennen berichtet und damit ein größerer Kreis an Mediennutzern angesprochen wurde.
Die Situation änderte sich ab den 1950er Jahren gründlich. Denn im Zuge des Wirtschaftswunders stieg einerseits der Wohlstand breiter Schichten, während die Fahrzeughersteller zunehmend darauf setzten, günstige Autos und Motorräder herzustellen, die sich auch einfache Arbeitnehmer leisten konnten. Durch diese neuen Möglichkeiten stieg andererseits auch das Interesse an der Berichterstattung seitens der Mediennutzer. Schon in den 1950er Jahren wurden deshalb die ersten Fachzeitschriften gegründet, die sich bis heute erfolgreich auf dem Markt behaupten.
Ein Ressort für alle Mediengattungen?
Auch abseits der Printmedien wurde der Motorjournalismus für weitere Medien interessant, als ab den 1980er Jahren die ersten privaten Fernseh- und Radiosender entstanden. Jedoch eignet sich der Motorjournalismus nicht für alle Mediengattungen gleichermaßen. Der Grund liegt darin, dass der Motorjournalismus einerseits von Bildern lebt und andererseits vom Mediennutzer großer Wert auf umfangreiche Informationen gelegt wird.
Im Fernsehen bieten sich also verschiedene Magazinformate an, in welchen der Mediennutzer durch die mitgeführte Kamera einen Eindruck vom Fahrgefühl bekommt. Auch Servicethemen lassen sich hier gut unterbringen, weil bestimmte Dinge unmittelbar gezeigt und erklärt werden können. Darüber hinaus wird der Motorjournalismus in Print- und Onlinemedien umfangreich berücksichtigt. Der Vorteil dieser Medien besteht darin, dass der Mediennutzer die benötigten Informationen jederzeit abrufen und nachschlagen kann. Im Hörfunk dagegen wird auf Formate, die über reine Nachrichten hinausgehen, meist verzichtet, weil dem Mediennutzer hier kein tatsächlicher Mehrwert geboten werden kann.
Die beruflichen Voraussetzungen
Weil Motorjournalisten die ganze Welt bereisen und stets die neuesten Modelle der Fahrzeughersteller - oft noch bevor sie überhaupt auf den Markt kommen - testen dürfen, gilt der Motorjournalist vielen als journalistischer Traumjob. Das macht jedoch nur einen kleinen Teil der täglichen Arbeit aus. Denn genauso wie ihre Kollegen in anderen Ressorts müssen Motorjournalisten umfangreich recherchieren und sich in Hintergründe einlesen. Sollen sie etwa über ein neues Fahrzeug berichten, das in einer neuen Baureihe auf den Markt kommt, ist es zwingend erforderlich, dass die Motorjournalisten auch die Vorgängermodelle kennen, um die Fahrzeuge miteinander vergleichen zu können.
Grundsätzlich benötigt der Motorjournalist eine journalistische Ausbildung. Zusätzliche Qualifikationen wie ein technisches Studium ist fast zwingend erforderlich, um die technischen Zusammenhänge begreifen und erklären zu können. Aber auch Praktiker können in den Beruf einsteigen. Das gilt etwa für Kfz-Mechatroniker, die im Anschluss an die praktische Ausbildung eine journalistische Ausbildung anhängen. Möglich ist das, wenn sie als Schulabschluss die allgemeine Hochschulreife vorweisen können.
Allerdings stehen die Chancen auf eine Festanstellung abseits der Fachmedien eher schlecht, weil viele Publikumsmedien kein eigenes Fachressort unterhalten. Gerade diese bieten jedoch hervorragende Chancen für Freelancer, die sich rein auf Motor-Themen konzentrieren wollen. Sobald sie sich im Journalismus und in der Fachwelt etabliert haben, bieten sich daraus für alle Beteiligten Vorteile: Der Journalist muss nur einmal recherchieren, kann das Thema jedoch für mehrere Medien aufarbeiten, die damit günstiger fahren als mit fest angestellten Mitarbeitern. Und die Hersteller haben einen Ansprechpartner für mehrere Medien, was auch ihnen die Koordination von Präsentationen erleichtert.
Ein Journalist im Zwiespalt?
Weil neue Fahrzeuge meist im Ausland - oft im Heimatland des Herstellers - vorgestellt werden, stehen Motorjournalisten in einem besonderen Zwiespalt: Weil der Hersteller üblicherweise sämtliche Kosten für die Reise übernimmt, sind Motorjournalisten bis zu einem gewissen Grad auf das Wohlwollen der Hersteller angewiesen. Sie geraten deshalb leicht in den Verdacht, besonders wohlwollend berichten zu müssen, um weiterhin eingeladen zu werden. Allerdings sind die Hersteller ebenfalls an einer neutralen Berichterstattung interessiert, weil sich völlig offensichtliche Mängel an einem Fahrzeug spätestens kurz nach der offiziellen Markteinführung nicht mehr verbergen lassen.