Kurseinheit A060 Tatsachenbetonte Textsorten

Kurseinheit
 
Lernziel Die Teilnehmenden sollen in der Lage sein, die Besonderheiten und Unterschiede der tatsachenbetonten Textsorten – Nachricht, Bericht, Feature und Magazinstory – zu erläutern und beim Verfassen eigener Texte anzuwenden.
 
Studienbriefautor Prof. Dr. Christoph Fasel
 
Belegungsempfehlung Dieser Studienbrief wendet sich an Teilnehmende, die hauptsächlich tatsachenbetont recherchieren und schreiben möchten.
 
Inhalte Die vier Arten der Thematisierung in den Textsorten – und ihre Bedeutung für die journalistische Arbeit; die Nachricht; der Bericht; das Feature; Magazinstory und Magazin-Report
 
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Tatsachenbetonte Textsorten

In erster Linie ist es die Aufgabe des Journalisten, den Mediennutzer über aktuelle Ereignisse zu informieren. Dafür steht dem Journalisten eine große Bandbreite verschiedener journalistischer Darstellungsformen - von der Kurzmitteilung bis zur Reportage - zur Verfügung.

Tatsächlich machen Journalisten aber sehr viel mehr als nur zu berichten. Sie liefern dem Mediennutzer darüber hinaus wichtige Hintergrundinformationen, die es dem Mediennutzer ermöglichen, die Informationen in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Diese Herangehensweise wird auch als interpretativer Journalismus bezeichnet.

Was ist interpretativer Journalismus?

Der Mediennutzer erhält dadurch, dass der Journalist die aktuellen Ereignisse interpretiert, die Möglichkeit, sich selbst eine Meinung zu einem bestimmten Thema zu bilden. Es handelt sich dabei um eine relativ junge Form des Journalismus, die in den USA entwickelt wurde. Damals erschienen die ersten Magazine, welche Themen tiefgründig beleuchteten. Einen wahren Boom erlebte der interpretative Journalismus, als die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre ihren Höhepunkt überschritten hatte. Die Mediennutzer wollten nun erfahren, wie es zu dieser weitreichenden Krise überhaupt hatte kommen können. Es sollte allerdings noch bis in die 1960er Jahre hinein dauern, bis sich der interpretative Journalismus endgültig etabliert hatte, zunächst in Zeitungen, später auch in Hörfunk und Fernsehen.

Die Kennzeichen des interpretativen Journalismus

Im interpretativen Journalismus wird ausschließlich mit tatsachenbetonten Textsorten, also mit Nachricht und Bericht gearbeitet. Die Basis für die Berichterstattung bildet die Nachricht, die um Hintergrundinformationen erweitert und gegebenenfalls zum Bericht ausgeweitet wird. Durch das Hinzufügen von Informationen ergibt sich die Interpretation des Journalisten. Dabei gilt allerdings der Grundsatz, dass diese so objektiv wie möglich erfolgen muss. Will der Journalist die Nachricht oder den Bericht durch seine Meinung ergänzen, wird das Thema in der Praxis so aufbereitet, dass dem Bericht oder der Nachricht ein Kommentar oder eine Glosse beigestellt wird. Dies erfolgt jedoch nur bei wichtigen Ereignissen, die das Tagesgeschehen dominieren.

Diese Herangehensweise an die Berichterstattung bietet zwei Vorteile für den Mediennutzer: Einerseits wird er informiert, andererseits hat er durch die ergänzenden Hintergrundinformationen einen Mehrwert, der über die reine Information hinausgeht.

Fakten stehen im Vordergrund

Die tatsachenbetonten Textsorten zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausschließlich Fakten darlegen, die sich im Grunde zumindest theoretisch von jedem Mediennutzer auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen lassen können. Dies ist zwar bei Textsorten wie der Reportage auch der Fall. Weil der Journalist jedoch hier auch persönliche Erfahrungen schildert, wird diese nicht zu den tatsachenbetonten Textsorten gezählt.

Was ist eine Nachricht?

Als wesentliches Merkmal der Nachricht gilt, dass diese eine Bedeutung braucht. Als Nachricht wird also eine Neuigkeit bezeichnet, die für den Mediennutzer von Interesse ist. Grundsätzlich sollte eine Nachricht ein Thema völlig objektiv darstellen und keinerlei subjektive Einflüsse aufweisen. In der Praxis lässt sich dieser Grundsatz allerdings nicht immer umsetzen, weil sich eine subjektive Einfärbung durch die Wortwahl meist nicht verhindern lässt.

Die Nachricht erscheint in allen Mediengattungen, nimmt in Hörfunk und Fernsehen jedoch eine dominierende Rolle ein. Der Grund dafür liegt darin, dass in diesen Mediengattungen das Gesagte eben nicht wiederholt werden kann, weshalb hier in erster Linie kurze Darstellungsformen gefragt sind.

Was muss in einer Nachricht enthalten sein?

Die Qualität von Nachrichten wird danach beurteilt, ob die sogenannten W-Fragen beantwortet sind. Beantwortet werden müssen also die Fragen, wann und wo das Ereignis stattgefunden hat und wer daran beteiligt war. Kann die Nachricht ausführlicher ausfallen, sollte außerdem beantwortet werden, warum ein Ereignis eingetreten ist, wie es sich zugetragen hat und woher die Nachricht stammt. Dieser Punkt ist insofern wichtig, als dass sich durch die Nennung der Quelle auch der Wahrheitsgehalt der Nachricht besser einschätzen lässt. Forschungsinstitute und unabhängige NGOs genießen in der Öffentlichkeit inzwischen einen höheren Vertrauensbonus als etwa Unternehmen. Und selbst demokratische Regierungen haben vor dem Hintergrund zahlreicher Skandale in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Der Bericht

Weil der Bericht ebenso wie die Nachricht alle W-Fragen enthalten muss, kann der Bericht als sehr ausführliche Nachricht gelten. Hier stehen neben dem eigentlichen Ereignis, das Anlass zur Berichterstattung gegeben hat, gegenüber den Hintergrundinformationen etwas im Hintergrund. Der Bericht lässt sich in verschiedene Arten unterscheiden:

Live-Bericht

Beim Live-Bericht wird direkt von einem Ereignis ohne Zeitverzögerung berichtet. Dies geschieht vor allem in Hörfunk und Fernsehen, bevorzugt bei wichtigen sportlichen Ereignissen wie Top-Spielen der Fußball-Bundesliga oder Wintersport-Events wie der Vierschanzentournee. Auch Online-Medien und Printmedien, die eine Online-Präsenz haben, nutzen die Form des Live-Berichts mittlerweile. Hier wird allerdings auf Live-Aufnahmen verzichtet, sondern ein Live-Ticker eingeblendet, in dem wichtige Informationen aktuell gespielt werden. Von einem Live-Bericht spricht man im Allgemeinen auch noch dann, wenn eine kurze Zeitverzögerung zwischen Ereignis und Berichterstattung gegeben ist.

Hintergrundbericht

Der Hintergrundbericht ist die große Domäne von Print- und Onlinemedien, findet sich aber auch im Rundfunk oder im Fernsehen. Das wesentliche Merkmal des Hintergrundberichtes besteht darin, dass die aktuelle Nachricht um Informationen und Fakten bereichert wird und somit in einen großen Zusammenhang eingebettet ist.

Im Bericht wird deshalb klassischerweise mit folgenden Elementen gearbeitet: Der Bericht schildert die Vorgeschichte eines bestimmten Ereignisses und wird um Statistiken oder sonstige Daten zum besseren Verständnis angereichert. Dazu können auch beteiligte Personen oder unbeteiligte Experten befragt werden oder Stellung nehmen. Basierend auf den genannten Fakten zieht der Journalist schließlich ein Fazit in Form einer neutralen Analyse des Geschehens.

Üblicherweise nutzt der Journalist eine Vielzahl an Quellen zur Recherche. Die Informationen aus diesen Quellen können entweder unter Nennung der Quelle in den Bericht eingebaut werden oder in Form von Interviews, Meldungen oder Statistiken neben dem Bericht platziert werden. In seiner Analyse kann der Journalist durchaus eine Prognose für die weitere Entwicklung geben, diese muss allerdings auf den genannten Fakten beruhen.

Stilistik und Sprache in tatsachenbetonten Textsorten

Der neutrale Tenor, in dem Nachricht und Bericht verfasst werden, wird dadurch unterstrichen, dass die Texte grundsätzlich in der Zeitform des Präsens verfasst werden. Werden die Aussagen von Beteiligten oder Betroffenen im Bericht wiedergegeben, erfolgt dies grundsätzlich in indirekter Rede. Werden Sätze in wörtlicher Rede zitiert, hat das nicht nur den Zweck, den Text aufzulockern. Üblicherweise werden Zitate außerdem verwendet, um einen besonders wichtigen Aspekt der gesamten Thematik deutlich zu machen. Beim Zitieren muss der Journalist darauf achten, die Aussage wortgenau zu wiederholen und muss denjenigen, der die Aussage getroffen hat, benennen.