Kurseinheit A040 Journalistische Stilistik

Kurseinheit
 
Lernziel Die Teilnehmenden sollen die sprachlich-stilistischen Voraussetzungen für gute journalistische Texte kennen und beim Verfassen eigener und Redigieren fremder Texte anwenden können.
 
Studienbriefautor Dr. phil. Dipl.-Journ. Daniel Müller, M. A.
 
Belegungsempfehlung Dieser Studienbrief ist obligatorisch zu belegen. (Pflichteinheit)
 
Inhalte Stilistik und journalistische Qualität; Wortverwendung im Journalismus; Satzbau im Journalismus; Textstruktur im Journalismus; Besonderheiten einzelner Mediengattungen und Darstellungsformen.
 
Notengewichtung
 
doppelt
 
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Journalistische Stilistik

Stilsicherheit ist von einem Journalisten nicht nur bei einem Auftritt in der Öffentlichkeit gefragt, sondern auch - und in erster Linie - bei der Berichterstattung. Schließlich sollte diese seine absolute Kernkompetenz darstellen. Er ist also gefragt, wenn es darum geht, ein Thema in einer angemessenen Darstellungsform zu bearbeiten und eine Sprache zu wählen, die einerseits dem Thema gerecht wird und andererseits die Zielgruppe anspricht.

Welche Stilformen gibt es?

Grundsätzlich wird im Journalismus zwischen informierenden und meinungsäußernden Darstellungsformen unterschieden. Als häufigste informierende Darstellungsformen gelten Nachricht und Bericht, für welche eine sachliche, wertfreie Sprache gefordert ist. In diesen Formaten geht es um reine Information, die persönliche Meinung des Journalisten hat außen vor zu bleiben. Vielfältiger sind die Möglichkeiten bei den meinungsbildenden Darstellungsformen wie Leitartikel, Kommentar, Glosse und Kritik, wo die Meinung des Journalisten mehr oder weniger stark einfließen darf. Daneben gibt es noch verschiedene Mischformen wie die Reportage oder das Feature, in welchen zwar der Informationsgehalt deutlich im Vordergrund stehen sollte, jedoch ein subjektiver Tenor mitschwingen darf. Für jede dieser Darstellungsformen gilt es, die richtige Sprache zu treffen, ohne dass die journalistische Qualität darunter leidet.

Woran lässt sich die Qualität journalistischer Texte messen?

Weil es sich auch beim journalistischen Schreiben um eine kreative Tätigkeit handelt, fällt eine objektive Beurteilung der Qualität oft schwer. Anfang der 1970er haben deshalb die Hamburger Psychologen Reinhard Tausch, Inghard Langer und Friedemann Schulz von Thun das sogenannte Hamburger Verständlichkeitskonzept entwickelt, das sich vom Grundsatz her auf das Vier-Seiten-Modell der Kommunikation stützt. Anhand des Konzeptes lässt sich bewerten, wie schnell ein veröffentlichter Text vom Mediennutzer verstanden wird.

Die Kunst vom richtigen Wort

Geflügelte Wörter, Redewendungen oder Sprichwörter werden häufig verwendet- sofern sie in den Zusammenhang passen - weil sie häufig einen guten Einstieg ins Thema ermöglichen. Die Kunst des Journalisten besteht dann darin, die passende Redewendung auszuwählen. Und auch ansonsten ist die richtige Wortwahl entscheidend dafür, ob der Text beim Mediennutzer ankommt oder nicht. Synonyme sind deshalb mit Vorsicht zu verwenden, Fachbegriffe und Fremdwörter sind zumindest in Publikumsmedien weitestgehend tabu. Sofern sie verwendet werden, sollten sie im Umfeld des Beitrages auch erklärt werden, etwa in Form eines Infokastens bei Print- oder Onlinemedien.

Eine einfache Sprache verwenden

Grundsätzlich sollte der Satzbau in journalistischen Texten so einfach wie möglich gehalten werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass nur Hauptsätze aneinander gereiht werden sollen. Auf lange Schachtelsätze sollte der Journalist grundsätzlich verzichten, weil diese dazu beitragen können, dass der Mediennutzer den Beitrag weglegt, ohne ihn zu Ende gelesen zu haben. Während sich Print- und Onlinemedien noch das eine oder andere sprachliche Experiment und auch Wortspiele erlauben können, sind diese in Radio und Fernsehen tabu. Der Grund: Während der Leser einen Satz zum besseren Verständnis ein zweites und drittes Mal lesen kann, hat der Zuhörer oder der Zuschauer diese Möglichkeit nicht. Zudem gilt das Radio eher als Nebenbei-Medium, das während anderer Tätigkeiten gehört wird. Beim Fernsehen hingegen transportieren in erster Linie die Bilder die Botschaft eines Beitrages.

Texte richtig strukturieren

Wie in der Literatur gilt auch im Journalismus: Der erste Satz sollte den Leser fesseln und zum Weiterlesen animieren. Bei rein informativen Texten gilt: Die Kernaussage des Textes sollte gleich am Anfang stehen. Wichtig ist das insbesondere beim Bericht, wo der Mediennutzer bereits im ersten Absatz alle relevanten Informationen zum Thema bekommen sollte. Steigt er während des Beitrages aus, entgehen ihm also nur Detailinformationen, die für ihn vielleicht auch nicht von Interesse sind. Bei meinungsäußernden Stilformen, Reportagen und Features wird hingegen gern der direkte Einstieg gewählt, der den Mediennutzer regelrecht in das jeweilige Thema hinein katapultiert.

Unabhängig von der Art der Darstellung muss der Text gut strukturiert und gegliedert sein. In einem Satz sollte etwa nicht mehr als ein Gedanke oder eine Information enthalten sein, die in den folgenden Sätzen weiter ausgebaut werden kann. Leichter ersichtlich wird die Gliederung, wenn der Journalist Zwischenüberschriften verwendet, die in Print- und Onlinemedien übernommen werden können, in Radio und Fernsehen durch Soundeffekte oder eine Blende ersetzt werden können. Dadurch wird ein logischer Übergang für den Mediennutzer geschaffen.

Zitate und die Überschrift

Generell sollten nach Möglichkeit wörtliche Zitate in den Beitrag eingebaut werden. Diese lassen den Text insgesamt lebendiger wirken und zeigen, dass sich der Verfasser dem Thema unter verschiedenen Gesichtspunkten gewidmet hat. Zudem erleichtert die Verwendung von Zitaten die Überleitung zu einem anderen Gedanken, weil sie einen natürlichen Break im Lesefluss darstellen.

Oft stellt die Überschrift ein besonderes Problem dar. Sie soll knackig und eingängig sein, um den Mediennutzer zum Lesen des Beitrages zu animieren. Gleichzeitig soll sie aber auch den Inhalt kurz zusammenfassen. Deshalb hat es sich bewährt, die Überschrift erst zum Schluss zu verfassen und gewissermaßen die Quintessenz eines Beitrages zu destillieren.

Nicht jede Mediengattung ist gleich

Obwohl mit dem Schreiben in erster Linie der Printjournalismus in Verbindung gebracht wird, sind Texte auch in anderen Mediengattungen die Basis der Berichterstattung. Hier gelten allerdings einige Besonderheiten, welche Journalisten beachten sollten.

Hörfunk

Eine eingängige, einfache und klar strukturierte Sprache ist vor allem im Hörfunk wichtig, weil die Information nur über das Ohr aufgenommen wird und eine direkte Wiederholung des gerade eben Gesagten nicht möglich ist. Auch fehlen für die journalistische Darstellung von Inhalten optische Anreize, das Gesagte besser zu behalten.

Fernsehen

Im Fernsehen wird entweder für einen Sprecher aus dem Off, einen Sprecher oder ein Team von Darstellern geschrieben, die beispielsweise eine Reportage szenisch umsetzen. Wie im Radio sollte ein Augenmerk auf kurze Sätze gelegt werden. Ein wesentlicher Teil der Information wird hier allerdings durch Bilder transportiert.

Online

Das Schreiben für Online-Medien ähnelt dem Printbereich am meisten. Hier ist allerdings zu beachten, dass einige Medien den Leser direkt ansprechen, was im Printjournalismus tabu ist. Als zusätzlichen Service kann der Journalist einen Teil seiner Quellen im Beitrag für die Leser verlinken, die sich eingehender informieren möchten.

Die Darstellungsformen

Im Laufe der Karriere wird sich beim Journalisten eine gewisse Vorliebe für bestimmte Genres herauskristallisieren, in welchen er auch die größte Kompetenz besitzt. Unverzichtbar ist es dennoch, dass er die wichtigsten Genres mit ihren jeweiligen Besonderheiten kennt und diese auch bearbeiten kann. Während Nachricht, Bericht, Reportage, Interview und Portrait zum Pflichtrepertoire eines Journalisten zählen, gelten Kommentar, Glosse und Feature als die Genres, für die der Journalist auch ein gewisses Faible mitbringen sollte.