geschrieben von Tina Rabus
Publikationsdatum am 29.07.16 12:40
Sigrid Mayr-Gruber engagiert sich seit vielen Jahren in der Flüchtlingshilfe. Sie ist Betreuerin für Härtefälle. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.
TIME TO RELAX“ steht auf der Tasse, die Sigrid Mayr-Gruber vor sich auf dem Tisch mit der Häkeldecke stehen hat. Hinter ihr steht ein massiver, dunkler Massivholzschrank mit alten Büchern. Am Schrank hängen selbst gestaltete Kalender mit Bildern ihrer Familie. Ein Wohnzimmer, im Stil der vergangenen Jahrzehnte eingerichtet. Zwei Katzen streifen durch ihr Zuhause. Doch viel Zeit zum Entspannen, wie es das Motto auf der Tasse, der inzwischen pensionierten Englischlehrerin steht, hat die 72-Jährige wohl nicht. Sigrid Mayr-Gruber engagiert sich seit 22 Jahren für Flüchtlinge. Sie betreut die Härtefälle. Sie gibt Flüchtlingen ohne Hoffnung auf ein Bleiberecht eine Perspektive und unterstützt ihre Schützlinge. Ca. 100 Flüchtlinge betreut sie parallel und ehrenamtlich. „Zu mir kommen nur die Härtefälle“, sagt Mayr-Gruber. Davon bekommen ungefähr 90 Prozent die Anerkennung in Deutschland. Durch ihr Ehrenamt als Flüchtlingshelferin wird sie direkt mit den Schicksalen der Flüchtlinge konfrontiert und teilweise verstricken sie sich auch mit ihrem eigenen Leben. So auch der 17-jährige Asylbewerber Yemane aus Äthiopien, der ihr besonders am Herzen liegt. „Yemane war sehr verzweifelt und verunsichert. Vor seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eröffnete er mir am frühen Morgen, dass er jetzt wisse, weshalb er in Deutschland gelandet sei. Er solle hier eine neue Mama bekommen. Dafür hatte er mich auserkoren.“ Sie habe dem Jugendlichen zeitweise auch ein Zuhause gegeben und er habe derweil an seiner Karriere gearbeitet. Ein weiteres Kind gewann sie, zu ihren eigenen Kindern und Enkeln, bei einem Unfall hinzu. „Ich stolperte über eine Betonplatte und verletzte mich schwer. Der junge Asylbewerber, der mich begleitete, rief sofort den Notarzt. Mein Schützling wollte mich unbedingt ins Krankenhaus begleiten, da ich seine Mutter und Oma sei. So kam es, dass auf einmal die Rollen verdreht waren. Ich war nun die Hilfsbedürftige und er sprach mir Mut zu. Die ganze Nacht wachte er an meinem Krankenbett.“ Sie hält das Bild mit der Erinnerung in ihren Händen. Auf dem Bild ist ihr ganzes Gesicht mit Hämatomen übersät. Da Mayr-Gruber in ihrer Freizeit zusätzlich Gedichte und Bücher verfasst, schrieb sie ihre Erlebnisse in einer Geschichte nieder. Die Kraft für ihr ehrenamtliches Engagement bekomme sie durch die Fälle, denen sie, teils in letzter Minute, zur Anerkennung verhelfe. Für ihre Arbeit erhielt sie den Ehrenwertpreis der Stadt Nürnberg, den Ehrenbrief des Bezirks Mittelfranken und das Bundesverdienstkreuz. Für das Bundesverdienstkreuz wurde sie von Amnesty International vorgeschlagen. „Ich lege eigentlich keinen Wert auf Auszeichnungen, doch für meine Arbeit sind sie von enormer Bedeutung, da solche Anerkennungen Respekt verschaffen und Türen öffnen!“